Sehr geehrte Damen und Herren,
die Corona-Pandemie lässt die Welt und Deutschland seit Wochen stillstehen. Während Politiker sich zunächst medienwirksam mit immer schärferen Regeln zu übertrumpfen versuchten, werden inzwischen die Rufe lauter nach einem schnellen Ende der Einschränkungen. Dabei bleiben viele Fragen offen: Kommt eine zweite Welle? Wie steht es um die Ansteckungsgefahr in Schulen und Kindergärten? Wie sieht es mit Urlaubsreisen aus? Herausfordernd war die Situation vor allem für unsere Betriebsmitarbeiter vor Ort. Detaillierte Verhaltens- und Sicherheitsmaßnahmen sowie ein sehr großer Einsatzwillen haben dafür gesorgt, dass die Arbeiten an den Anlagen alle wie geplant fortgeführt wurden. Dafür sei an der Stelle nochmals allen herzlich gedankt.
Sicher ist: Die Wirtschaft wird schrumpfen und die Welt nach der Pandemie eine andere sein. Es bleibt zu hoffen, dass die politischen Entscheider die richtigen Lehren ziehen – und zum Beispiel finanzielle Unterstützungen für Unternehmen an konkrete Forderungen knüpfen. Auch die Ausdehnung für Kaufanreize für Autos auf gasgetriebene Fahrzeuge wäre eine sinnvolle Idee. Klimaschutz kann und muss jedenfalls der Treiber für den wirtschaftlichen Neustart sein.
Dass sich erneuerbare Energien und Wirtschaftlichkeit nicht ausschließen, zeigt die ABO Kraft & Wärme AG seit nunmehr sechs Jahren. Und das zeigen wir auch 2020: Zwar hat sich der Rückgang an Lebensmittelabfällen und Speiseresten aus Kantinen und Restaurants auf die Standorte Ettinghausen und Zülpich ausgewirkt, jedoch hoffen wir, den Rückgang der Erlöse weitgehend durch positive Entwicklungen an anderen Stellen abfedern zu können. Dazu später mehr.
Und wir arbeiten weiter kontinuierlich daran, die Wirtschaftlichkeit unserer Anlagen zu verbessern. Die Anlage in Ettinghausen ist ab Juli startklar für die Lagerung und Verarbeitung von Sonderchargen. In Ramstein setzen wir auf ein neues Vergütungskonzept für das eingespeiste Gas. In Hammelbüsch fanden umfangreiche Reparaturen und Verbesserungen an der Anlage statt, wodurch die Gasausbeute wieder steigen wird. Und in Zülpich schreiten Umbau und Sanierung planmäßig voran. Erfreulich war außerdem die vollständige Zeichnung der Kapitalerhöhung. Insgesamt 43 Aktionäre machten von ihrem Bezugsrecht Gebrauch und zeichneten Aktien im Wert von rund 3,7 Millionen Euro. Mit dem Geld werden wir den weiteren Um- und Ausbau der Anlagen vorantreiben.
Einzel- und Konzernabschluss des Jahres 2019 finden Sie ab Ende Juni auf unserer Internetseite. So viel vorweg: Der Jahresabschluss liegt in etwa auf Höhe unserer Prognose, die wir Ihnen auf der vergangenen Hauptversammlung vorgestellt hatten. Nähere Informationen, auch zu den weiteren Perspektiven, gibt es auf der diesjährigen Hauptversammlung am Freitag, 21. August 2020, zu der wir Sie herzlich einladen. Aufgrund der aktuellen Situation ist eine Hauptversammlung nicht im gewohnten Umfeld möglich. Wir werden voraussichtlich in das Wiesbadener Kulturzentrum Schlachthof, eine sonst für Konzerte genutzte Halle, ausweichen. Dort können wir die Abstandsregeln einhalten. Eine förmliche Einladung erhalten Sie rechtzeitig.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern bedanken, die trotz der Einschränkungen – egal ob aus dem Büro, im Home-Office oder vor Ort auf den Anlagen – jeden Tag alles geben, um unsere gemeinsame Vision mit Leben zu erfüllen: Strom und Wärme effizient und klimafreundlich zu produzieren und dadurch einen wichtigen Beitrag gegen die Klimakatastrophe zu leisten.
Matthias Bockholt und Dr. Jochen Ahn
Vorstände der ABO Kraft & Wärme AG
Im Frühjahr 2019 führte ein technischer Defekt zu einem Brand, der die zentrale Steuerungsanlage zerstörte. Erst Mitte August konnten wir die Anlage wieder in Betrieb nehmen, ab September stand wieder ausreichend Gas zur Stromproduktion zur Verfügung. Die Versicherung kam für den größten Teil des Sachschadens sowie zum Teil auch für den Betriebsausfallschaden auf.
Im ersten Quartal 2020 kam es zu biologischen Schwierigkeiten im Produktionsprozess, die zu einem Erlösrückgang führten. Die Probleme konnten wir im März beheben. Kurz darauf sorgte die Corona-Pandemie für einen Rückgang der Lebensmittelabfälle aus Kantinen und Restaurants. Zum Glück fällt dieser Rückgang jedoch aufgrund des hohen Anteils verpackter Ware, die am Standort Ettinghausen selbst aufbereitet und vergärt wird, nicht so stark ins Gewicht.
Positiv wird sich dagegen ein bereits seit längerem geplanter Ausbau der Anlage auswirken. Voraussichtlich ab Juli können wir in Ettinghausen sogenannte Palettenware annehmen. Dabei handelt es sich in der Regel um größere Mengen einer Charge, wie zum Beispiel überlagerte Milch oder Pizza aus der Lebensmittelindustrie. Die notwendige Halle zur Zwischenlagerung wird im Laufe des zweiten Quartals 2020 fertiggestellt, lediglich die Bauabnahme durch die Behörden steht noch aus. Die Akquise von potentiellen Lieferanten und Spotmengen läuft auf Hochtouren. Damit machen wir uns einerseits unabhängiger von möglichen anhaltenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens – schließlich sind Supermärkte weiterhin geöffnet. Andererseits können wir durch die Zwischenlagerung die Anlage konstant mit hohen Mengen füttern, was letztlich zur Sicherung des Gesamtstroms an verarbeiteten Abfällen führen wird.
Erfreuliches hat zudem die Datenauswertung der letzten Monate ergeben: Die Abfälle, die wir in Ettinghausen verarbeiten, enthalten insgesamt mehr Energie als angenommen. Den entsprechenden Überschuss der Gasproduktion wollen wir außerhalb des Erneuerbaren-Energie-Gesetztes durch die Einspeisung ins Gasnetz vermarkten. Die Planungen für eine Gasaufbereitungs- und Einspeiseanlage liegen im Zeitplan.
Trotz der bisherigen Einbußen im ersten Halbjahr von rund 15 Prozent gehen wir derzeit davon aus, dass wir unsere Planung beim Umsatz und Ergebnis bis zum Jahresende erreichen werden.
Das Geschäftsjahr 2019 war durch technische Probleme mit der Gasaufbereitung und Einspeisung beeinträchtigt. Nach einem Defekt in der Einspeiseanlage des Gasversorgers stand die Anlage mangels Einspeisemöglichkeit zehn Wochen still. Die Ersatzbeschaffung der Spezialgeräte dauerte mehrere Wochen. Den Verlust konnten wir nur zu einem Teil durch eine höhere Stromeinspeisung kompensieren, so dass die Erträge insgesamt unter den Erwartungen blieben. Auch im weiteren Jahresverlauf kam es zu Störfällen – unter anderem bei der Kühlung und der Restverbrennung der Gasaufbereitung. Außerdem bildeten sich mehrfach Schwimmschichten, die eine Öffnung der Behälter notwendig machte. An allen Problemfeldern haben wir intensiv gearbeitet und verschiedene Verbesserungsmaßnahmen bis zum März 2020 umgesetzt. Wir sind zuversichtlich, die Anlage wieder in einen technisch einwandfreien Zustand gebracht zu haben. Seit April 2020 läuft die Gasaufbereitung in Ramstein jedenfalls wieder planmäßig und in der Regel unter Volllast. Im Juni stehen noch Arbeiten am Kühlungssystem an, um das System der Gausaufbereitung für hohe Außentemperaturen im Sommer besser zu rüsten.
Um die Wirtschaftlichkeit der Anlage mittel- bis langfristig zu verbessern, wurde ein Konzept mit folgenden Maßnahmen erstellt: Um eine höhere Vergütung für das eingespeiste Gas zu erlangen, ist eine Zertifizierung der Anlage nach den Kriterien der neugefassten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der Europäischen Union (RED-II) vorgesehen. Zudem streben wir einen Wechsel des Vergütungssystems an, wodurch wir Tage mit einer niedrigeren Einspeisemenge mit produktiveren Tagen verrechnen können.
Insgesamt blicken wir optimistisch in die Zukunft und sind überzeugt, mit den technischen Anpassungen unser Planziel für das zweite Halbjahr 2020 zu erreichen.
Das vierte vollständige Geschäftsjahr der ABO Kraft & Wärme Wiesbaden GmbH & Co. KG war erneut zufriedenstellend. Das Energiecontracting für den Wiesbadener Bürokomplex „Unter den Eichen 7“ lief weitestgehend planmäßig. In Wackernheim versorgen wir zudem seit August 2018 eine Grundschule mit Wärme. Der Vertrag läuft über 15 Jahre. Auch hier waren wir 2019 auf Kurs.
In welcher Höhe die Corona-Pandemie und die sich daraus ergebenen Homeoffice-Regelungen am Standort Wiesbaden und der Homeschooling-Regelungen am Standort Wackernheim auf die Strom- und Wärmeabnahme auswirken, werden wir erst Ende 2020 ermitteln können.
Die Anlage in Zülpich haben wir am 1. August 2018 aus einer Insolvenz übernommen. In der Folge starteten wir umfassende Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, bevor wir im März 2019 erstmals aufbereitete hygienisierte Lebensmittelabfälle annehmen konnten. Das ermöglicht uns seither den Betrieb des Blockheizkraftwerks zur Strom- und Wärmeproduktion.
Parallel läuft der Umbau der Abfallvergärungsanlage weiter nach Plan. Wesentliche Arbeiten wurden im Dezember 2019 fertiggestellt, hierzu zählt unter anderem der Bau zweier Behälter, die Aufbereitung der Annahmehallte sowie ein umfassender Austausch von Leitungen. Die bauliche Abnahme lief erfolgreich. Durch die neuen Endlager können künftig 95 statt rund 50 Tonnen Substrat gefüttert werden. Auch wenn die Genehmigung der Aufbereitungsanlage auf sich warten lässt, haben wir bereits parallel mit kleineren Baumaßnahmen sowie Arbeiten an der Prozesssteuerung und Hygienisierung begonnen, für die keine Genehmigung erforderlich ist. Zudem sind die Verhandlungen mit wesentlichen Technikanbietern weitgehend abgeschlossen.
Die Fertigstellung der Aufbereitungsanlage ist für Ende 2020 geplant. Ab Anfang 2021 können wir in der Anlage verpackte Lebensmittel verarbeiten und hygienisieren. Bis jetzt werden in Zülpich nur aufgearbeitete und hygienisierte Substrate (die sogenannte Suppe) verarbeitet, die wir von Dritten beziehen. Der aktuelle Rückgang aufbereiteter Lebensmittel durch die Schließung von Gastronomiebetrieben sowie Großküchen und Kantinen aufgrund der Corona-Pandemie trifft dadurch die Anlage in Zülpich stärker. Zwar konnten wir einige neue Lieferanten gewinnen, jedoch ist die Vergütung aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks niedriger als gewohnt. Wirtschaftlich wirkt sich diese Beeinträchtigung nicht so stark aus, da sich die Anlage ohnehin in einer Übergangsphase befindet. Die volle Leistungsfähigkeit ist noch nicht erreicht.
Zum 1. Oktober 2018 haben wir die Biogasanlage in der Energielandschaft Morbach erworben. Der Vorbesitzer stand kurz vor der Insolvenz und hat die Anlage für einen symbolischen Betrag an uns veräußert. Auf Basis nachwachsender Rohstoffe produzieren wir dort derzeit Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Auf Grund der geographischen Lage eignet sich der Standort nach unserer Einschätzung für den Betrieb einer Vergärungsanlage. Unser Ziel ist es, parallel zu einem Betrieb der Anlage mit NaWaRo ein Konzept zur Vergärung von Abfallstoffen zu entwickeln. Eine Entscheidung hierzu treffen wir noch in diesem Jahr.
Aufgrund genereller Mängel des Anlagenkonzepts und technischer Defekte war die prognostizierte Leistungsfähigkeit der Anlage bislang gering. Nachdem die Leistung im ersten Quartal 2020 weiter absank, haben wir uns entschieden, diverse Bau- und Reparaturmaßnahmen umzusetzen. Unter anderem wurde ein neues Rührwerk eingebaut und die Fermenterbeheizung repariert. Dadurch wird die Gasausbeute steigen und der biologische Prozess verbessert.